Seit wann gibt es den Frauensonntag?
Der Frauensonntag in Baden blickt auf eine lange Tradition zurück. Sie reicht bis in die Anfänge der Evangelischen Frauenverbände in Baden zurück, wo erstmals 1916 in einem Sitzungsprotokoll der Frauensonntag „urkundlich erwähnt“ wird. Seit 1918 wurde er für einige Jahre jeweils am 2. Adventssonntag zur Erbauung und Schulung von Frauen begangen. Mitte der 20er Jahre wurde der Termin jährlich vom Oberkirchenrat festgelegt. Seit 1970 nun hat der Frauensonntag in unserer Landeskirche jeweils am dritten Sonntag im September seinen festen Platz im Jahreskreis. Wurden in den vergangenen zwanzig Jahren auch in anderen Landeskirchen vermehrt Frauensonntage eingeführt, so dürfen wir in Baden auf unsere lange Geschichte mit Recht ein bisschen stolz sein.
Ursprünge im ersten Weltkrieg
Historisch gesehen fallen die Ursprünge für Frauensonntage – nicht nur in Baden - in die unruhigen Zeiten während des Ersten Weltkriegs und unmittelbar danach. Die badische Kirche führte bereits sehr früh, um 1916, Frauensonntage ein. Ihr Ziel: biblische Unterweisung, Austausch und Geselligkeit und - die Erörterung sozialer und politischer Themen. 1916 hatte eine Frau nichts zu sagen, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit - und schon gar nicht zu predigen - und doch haben die Frauen sich durchgesetzt. Sie haben es geschafft, dass einmal im Jahr ihre Belange im Gottesdienst Thema waren, einmal im Jahr durften sie ihre Sicht über Gottes Wort in der Predigt zu Ausdruck bringen.
Neben den Gottesdiensten bemühen sich die Kirchen seit Beginn des letzten Jahrhunderts, den Männern und Frauen mit unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Angeboten wieder zu einer Orientierung in der aus den Fugen geratenen Zeit zu verhelfen. Christliche Frauenverbände richteten Mütterschulen und Nähstuben ein und organisieren in Zusammenarbeit mit den Gemeinden Bibelstunden für Frauen. Emanzipation war dabei weniger Absicht als Evangelisation. Und doch bereiten die Bibelstunden, in denen Frauen lernen, die biblischen Texte im Kontext ihrer eigenen Lebensverhältnisse zu lesen und eigenständig zu interpretieren, den Boden für die später aufgehende emanzipatorische Saat.
Die Angebote der christlichen Frauenverbände waren überdies per se Meilensteine der Emanzipation, denn zu Beginn des letzten Jahrhunderts bieten sie den Frauen eine der wenigen Möglichkeiten, sich öffentlich zu treffen.
Und heute?
Heute gehört es zum Besonderen des Frauensonntags, dass die biblischen Texte bewusst aus und in der Perspektive von Frauen gelesen werden und nach der Lebenswirklichkeit der Frauen damals gefragt wird. Aber auch welche Fragen der Text an die Menschen von heute stellt und welche bestärkende, aufrichtende Botschaft er enthält, wird herausgearbeitet. Wie kommen Frauen in diesen Texten vor? - oder auch nicht? Was sagen die Texte über die Lebenswirklichkeiten von Frauen damals? - und heute? Welche Fragen, Gefühle, Irritationen, Erkenntnisse ... tauchen bei der Beschäftigung mit den biblischen Texten auf? Welche Fragen stellt der Text an uns? Und welche wir ihm? War es früher so, dass der Frauensonntag für Frauen waren, hat sich dies mittlerweile geändert. Heute sind es Gottesdienste von Frauen gestalten für Frauen aber auch für Männer. Auch die Ökumene ist wichtig geworden.
Lesen Sie auch die Kleine Geschichte des Frauensonntags, verfasst von Eva Loos: Kleine_Geschichte_des_Frauensonntags_von_Eva_Loos.pdf