geboren am 05.12.1910 in Berlin-Wilmersdorf
"Ach, ich bin doch gar nicht wichtig!"
Renate Scherer war die erste im Frauenwerk der Badischen Landeskirche arbeitende Theologin. Sie ist am 15. Dezember 1910 in Berlin-Wilmersdorf geboren worden. Ihre Eltern waren der Kunsthistoriker und Dozent für Kunstgeschichte Dr. Valentin Scherer und die Klavierlehrerin Marianne Scherer geb. Erdmannsdörffer. Renate Scherer ist in großbürgerlichem Haus in Berlin aufgewachsen und dort zur Schule gegangen. Ihr Vater starb bereits 1920, die Mutter trug durch Klavierunterricht für ihrer beider Lebensunterhalt bei. Nach dem Abitur, das sie 1930 in Berlin-Wilmersdorf ablegte, begann sie in Berlin mit dem Studium der Philosophie und Geschichte (ohne Examensabschluss) und mit dem Studium der Theologie. Über ihre Motivation zu diesem Studium, das doch damals für eine Frau noch kein klares Berufsbild erkennen ließ, schrieb sie in der ihr eigenen verhaltenen Weise: „Durch sachlich und persönlich bestimmte Gründe entschloss ich mich zum Studium der Theologie.“ Sie studierte in Berlin und Heidelberg. Obwohl Berlinerin war sie doch stark mit Baden verwachsen. Hier sah sie ihre Wurzeln, denn Heidelberg, die Heimat ihrer Eltern und Voreltern, war auch ihre Heimat geworden. Hier wollte sie leben. Sie wünschte die Ausbildung für die badische Landeskirche und beabsichtigte, in den Dienst der Badischen Landeskirche zu treten.
Nach beiden im Frühjahr 1934 und 1935 in Karlsruhe abgelegten theologischen Prüfungen wurde Renate Scherer am 1. Oktober 1935 in den landeskirchlichen Dienst übernommen. Die Bitte Frau Dr. Schumachers um Anstellung einer Theologin war somit erfüllt. Nach einer Ausbildungszeit in der Zentrale für kirchliche Mütterarbeit in Potsdam, wohin der Oberkirchenrat sie im Sommer 1935 geschickt hatte und nach Teilnahme an mehreren Schulungskursen (z.B. Bibelkurse für „Bibelwanderlehrerinnen“) war Renate Scherer gerüstet für die Übernahme des Mütterdienstes bei der evangelischen Frauenarbeit in Baden, zu dessen Leiterin sie dann 1938 berufen wurde. Ein Großteil ihrer Arbeit erstreckte sich auf den Reisedienst. Sie hatte alle Gemeinden in Baden zu besuchen, schon vorhandene Frauen- und Mütterarbeit aus- und aufzubauen. Vorträge, Rüstzeiten waren zu halten, Leitung von Mütterfreizeiten, Arbeitstagungen für Pfarrfrauen und Vertrauensfrauen, Mitarbeit bei der Herausgabe des Mitteilungsblattes des Frauenwerks usw. Ziel war: mit dem Mütterkreis zusammenzuwachsen zu einer Lebensgemeinschaft im Raum der Kirche. Renate Scherer hat eine „Fibel für kirchliche Mütterarbeit“ verfasst und herausgegeben, die der Oberkirchenrat mit großer Anerkennung zur Kenntnis nahm. Abgesehen von mehreren Arbeitsberichten, in denen sie Aufgaben kirchlicher Mütterdienstarbeit darstellte und auch deren Problematik aufzeigte, hat sie im Mitteilungsblatt des Verbandes evangelischer Theologinnen, dem sie seit 1934 angehörte, über ihre Arbeit geschrieben. Es ist dies ein informativer und zugleich spannender Bericht, der die „innere Problematik“ der Arbeit aufzeigt und auch im Jubiläumsjahr der badischen Frauenarbeit noch aktuell zu sein vermag.“ Am 1. September 1939 (Kriegsbeginn!) ist Renate Scherer auf eigenen Wunsch aus der badischen Landeskirche ausgeschieden und in ihre andere Heimat Berlin gegangen. Bis zum 31. Mai 1941 arbeitete sie als Vikarin beim Stadtverband der Frauenhilfe in Potsdam, danach als Synodalkatechetin im Kirchenkreis Kölln-Land I. Danach kehrte sie wieder nach Baden zurück. Sie unterrichtete als theologische Lehrerin an der Evangelisch-Sozialen Frauenschule in Freiburg, eine Aufgabe, die ihr sozusagen „auf den Leib geschnitten“ war und in der sie bei ihren Schülerinnen großen Widerhall fand. Zusätzlich war sie Krankenhaus-Seelsorgerin, wobei ihr diese Verknüpfung von „Theorie und Praxis“ ausgesprochen entsprach.
Am 23. Januar 1944 fand in Karlsruhe in der Schlosskirche die Einsegnung (nicht Ordination) aller badischen Theologinnen statt. Renate Scherer hielt die Predigt über 2. Kor. 4,1.6.7. „...Und wenn wir etwa an unseren besonderen Dienst denken, den wir in und an der Gemeinde tun: Wie oft werden wir zaghaft, weil wir das Urteil der Menschen fürchten. ... Es macht uns zu schaffen, dass unser Dienst oft so wenig sichtbaren Widerhall findet. ... Muss das denn so sein? Wo bleibt da der helle Schein? Paulus antwortet: Gott hat einen hellen Schein in unser Herz gegeben. Wir haben solchen Schatz in irdenen Gefäßen.“ Renate Scherer starb am 16. Juli 2001 in Heidelberg.
(Auszug aus: Hilde Bitz, Renate Scherer (1910-2001), in: Festschrift 90 Jahr Evangelische Frauenarbeit in Baden, 2006, S. 46-49)