Die Lebensgeschichte von Dr. Julie Schenck ist eng mit der Evangelisch-Sozialen Frauenschule in Freiburg/Breisgau verbunden und prägte diese mehr als drei Jahrzehnte hindurch. Sie war erst 29 Jahre alt, als sie 1923 die Leitung der Schule übernahm. Julie Schenck war jung und wagemutig, klar und nüchtern in ihrem Denken und Planen, und, was in jener schwierigen Zeit besonders wichtig war, von großer persönlicher Anspruchslosigkeit und Opferwilligkeit um der Sache willen. So verzichtete sie beispielsweise bei ihrer Einstellung zugunsten der Schule auf ein Viertel ihres Gehaltes.
Im sog. Zehnerausschuss der Frauenarbeit in Deutschland stand Dr. Julie Schenck für alle Evangelisch-Sozialen Frauenschulen ein, und unter ihrer Leitung entwickelte sich die Schule so, dass sie überall uneingeschränkte Anerkennung fand. 1934 übernahm Julie Schenck zusätzlich das Amt der stellvertretenden Vorsitzenden der landeskirchlichen Frauenarbeit in Baden.
Durch den politischen Umschwung des Jahres 1933 wurde auch die Leitung der Schule vor neue Herausforderungen gestellt. Es handelte sich keineswegs nur um die selbstverständliche Berücksichtigung von neuen Arbeitsgebieten wie Arbeitsdienst, Landhilfe, Betriebswohlfahrtspflege und Mütterschulung. Viel schwerwiegender war die seit dem Erlass vom 27. Januar 1934 deutlicher hervortretende Forderung, die Ausbildung zum Beruf der „Volkspflegerin“ dem Geist und Willen des nationalsozialistischen Staates und seiner Weltanschauung einzuordnen. Gerade auf dem Boden einer christlich ausgerichteten Schule mussten hier Spannungen entstehen. Dr. Julie Schenck gelang es, den christlichen Geist der Schule unangetastet zu erhalten. In ihrer Begrüßungsansprache zum 20jährigen Bestehen der Schule brachte sie klar zum Ausdruck, dass die Schule im Wandel der Zeit ihre ursprüngliche Einstellung bewahrt hatte: „Der Name Evangelisch-Soziale Frauenschule ist uns immer ein Programm gewesen und geblieben, das nicht den Sinn einer Beschränkung und Verengung auf konfessionelle Teilziele enthält. Sondern den Ausgangsort und das Endziel unserer Arbeit bezeichnet als einen Dienst am Volk aus evangelischem Glauben.“
Nach dem zweiten Weltkrieg trieb Dr. Juli Schenck zwei große Fragen voran: einmal die Bemühungen um eine sach- und sinngemäße Gestaltung des Gemeindehelferinnenamtes in der ganzen Evangelischen Kirche in Deutschland und dann die Reform der sozialen Ausbildung unter dem Einfluss der Wandlungen, die sich in der Nachkriegszeit in der Struktur des sozialen Lebens vollzogen hatte. „Unsere Arbeit muss aus einer sehr persönlich geprägten Form hineinwachsen in eine neue Gestalt, in der immer wieder neue Menschen ihren Anteil, ihre Freude und gewiss auch mancherlei Not haben werden.“
Über das Selbstverständnis evangelischer Frauenarbeit schrieb sie:
„Evangelische Frauenarbeit ist vor allem, auch unter den verschiedensten äußeren Verhältnissen, der sich innerlich gleichbleibende Dienst der großen Frauengemeinde in der Kirche, für die Kirche und durch sie an den Herrn dieser Kirche. Alle die vielfältigen Einzelaufgaben, vor welche unsere Arbeitsgemeinschaft in der vergangenen Zeit gestellt worden ist, dürfen uns nicht darüber täuschen, dass der Kern alles unseres Tuns darin liegen muss, unseren Ausgangspunkt in der Kirche zu haben, so wie wir als Ziel unserer Arbeit die Kirche haben müssen. In dieser Herkunft und in dieser Ausrichtung unserer Arbeit erweisen wir nicht nur unser Daseinsrecht den anderen großen Frauenorganisationen gegenüber; in ihr besitzen wir noch viel mehr, nämlich die Quelle unserer Kraft, die Verheißung unseres Lebens, die Geborgenheit in aller Unrast und Not.“
Dr. Julie Schenck starb im Juni 1955 nach schwerer Krankheit.